Montag, 23. Mai 2011

Val di Mello - really mellow

Nachdem ich Andis Blogbeitrag zu unserem Familienurlaub in Italien gelesen hatte, wollte ich die Wertung von 6 auf 7 Sterne erhöhen, leider war mir das nicht vergönnt.

Andreas ist neben Malin ein wohlerzogenes Familienmitglied mit stehts guter Laune, der uns nach Italien begleitete. Dazu noch ein akademischer (FH) Elitekletterpartner, was will man mehr. Das jeder Schwächen hat ist klar, so sei der erhöhte Harndrang mit Neigung zum Exibitionismus am Einstieg genannt.

Daher haben wir uns umso mehr gefreut, wie früher, mit Papas Karre, nach Italien zu fahren. Alles wohl ausgesucht mit Kletterlektüre, um es jedem Geschmack recht zu machen, war das Val di Mello das Ziel für die Toptour. Eine Idylle für Familie, Boulderer und Kletterer. Phänomenal die Kundalini mit Stein so fest und sicher, dass man schon fast die Sicherung vergisst. Aber AndiBombandi passt auf und nimmt ja alles mit. Hätte er sich noch etwas mehr angestrengt, hätte er sicher auch den fixen Friend mitgenommen. Aber die anderen wollten auch weiter klettern.


Hier jagt die ein Länge die Nächste.

Schade nur so was immer so kurz ist. Entgegen unabhängiger Aussage beider Kletterer wurde ein Erholungs- und Familientag eingelegt ("Isch bin nischt müde").



An diesem Tag der Entspannung wurde wir heiß auf den folgenden Tag gemacht mit der mehrfachen Beteuerung die "Luna nascente" wäre die beste Tour weit und breit und der Kuchen dort wäre auch der Beste den es weit und breit gäbe.

In der Tat wurde die Aussage des Herrn Fiorelli bestätigt. Ein Sahnehäubchen ist die "Luna nascente". Bombenfester Granit. Die erste Seillänge ein Gekrampfe, die zweite ein Ausrufezeichen und der Rest nur noch schön wie Andi in der dritten SL zeigt.



Malin beglückte uns noch mit Ihrer tollen Begabung eine Fliege vom MaxiCosy aus mit dem Mund zu fangen und zu vertilgen. Eine ausserordentliche Leistung für grade mal 9 Monate. Sie hat auf jeden Fall den Killerinstinkt. Nun könnte man noch eine Lobeshymne auf Fels, Familie und Freundschaft predigen, aber manchmal reicht auch eine Goethe.

"Steine sind stumme Lehrer; sie machen den Beobachter stumm, und das Beste, was man von ihnen lernt, ist nicht mitzuteilen.“

Prost.

Val di Mello - Tutto perfeto



Ach, wie schön kann italienischer Naturgenuss sein: Die Vorzeigefamilie um Star-Akademiker Dr. Jenewein, Geduldsengel Tina und Blasebalgpressknödelgoldstück Malin hat mich für vier Tage adoptiert und zusammen sind wir ins Val di Mello in einen kombinierten Kletter- und Familienurlaub gefahren. Nach einer nächtlichen Anfahrt über schier unendlich viele Serpentinen wachten wir am Donnerstag morgen inmitten eines wahrlich idyllisch-schönen Fleckchen Erdes und, praktischerweise, Kletter-, sowie Bouldereldorados auf. Der Doktor hatte seine Vorbereitung wieder einmal musterschülergütig erledigt und so warteten die beiden schönsten Mehrseillängen-Touren des Gebiets auf uns – die „Kundalini“ und die „Luna Nascente“ am Scoglio delle Metamorfosi, die nach mehrfacher Beteuerung unabhängiger Quellen zu den schönsten Touren ihrer Art in den Alpen zählen soll.


Voller Vorfreue über solcherlei Vorschusslorbeeren machten wir uns am Donnerstag gleich auf in die „Kundalini“. Schon der Zustieg entlang des kristallklaren Schmelzwasserbachs mit anschließendem Aufstieg über urwaldähnliches Terrain war ein Genuss; der allerdings verblasste gegen die Freude am Fels: Feinster, trittfester Mello-Granit mit Traum-Verschneidungen, Traum-Rissen und langen Quergängen. Das alles im 6. Schwierigkeitsgrad und mit Ausnahme ein paar Schlaghaken im Stand komplett frei abzusichern. Und der Doktor war so geil drauf, wie lang nicht mehr. Mit schlafwandlerischer Sicherheit adelte er die Tour mit seiner sauberen Klettertechnik sowie seiner lehrbuchartigen Sicherungs- und Standbaufinesse. Derart souverän unterwegs, ließ er daher bereits nach der ersten Seillänge selbstbewusst und sinngemäß verlauten: Hat dich die Pfalz erst abgehärtet, wirkt das Mello-Tal wie künstlich aufgewertet. Im Schatten eines Vorsteigers, der alsbald mit dem Fels verschmolz, genoss ich meinen ersten richtigen Felskontakt dieses Jahr – und dieser hätte besser wirklich nicht sein können. Und ich wuchs mit jedem Reibungstritt über mich hinaus, so weit gar, dass ich eine Seillänge in einem Quergang euphorisch über eine von mir erschlossene, neue ZickZack-Route vorstieg, die länger war als unser Seil. Dann ist es gut, wenn man sich auf seinen Seilpartner verlassen kann, der einem selbst dann noch dann fünf Meter freies Seil anzeigt, wenn es eigentlich schon durchgelaufen ist!!!

Der nächste Tag gehörte der Familie. Wir marschierten auf die andere Seite des Baches und bezogen im Gras in der Sonne unseren Picknick-Standplatz, bauten die Slackline auf und der Doktor übte sogar einen Alibi halber angesetzten Bouldermove aus. Nach einem frühzeitig abgebrochenen Kurzausflugs auf eine Platte mit der Schwierigkeit 6b, auf der wir beide ein Fortkommen für unmöglich befanden, ließen wir uns im Refugio Luna Nascente noch „Super-Kuchen“ servieren und auf Italienisch den Abstieg aus der morgigen Tour erklären.


Mit dem Wochenende wurde unser Hotel zur Kletterheldenniederlassung. Zahlreiche Bergführeranwärter, geführt von Christoph Hainz und seinen, darunter einem, sich ungeniert am Arsch kratzenden Bergführer-Kollegen bereiteten sich auf eine Skitour vor - und wir uns auf die „Luna Nascente“. Wir machten uns am Samstag ganz früh auf den Weg, um nicht mit den zahlreich zu erwarteten Seilschaften in der Tourenlegende im Stau zu stehen. Nach einem tollen Zustieg von ca. 1,25h gelang uns tatsächlich die Erstbegehung für diesen Tag und um die Nachwelt wissen zu lassen, wem die Tour heute gehörte, habe ich stellvertretend für unsere Seilschaft direkt am Einsteig unter den entsetzten Blicken der bereits nachfolgenden Kletterern gleich mal das „Revier markiert“.

Mit viel Geächzte und dem ein oder anderen beherzten A0-Eingriff kämpften wir uns durch die ersten beiden kurzen, aber im 7. Schwierigkeitsgrad extrem toughen Seillängen. Und dann tat sich der Kletterhimmel auf! Feinste Risskletterei über Handrisse, Schuppen und Verschneidungen garniert mit entspannter Plattenkletterein – eine Aneinanderreihung von Traumseillängen! Auch hier stürmte der Doktor bereis routiniert und weiter souverän stets als erster voran und nach oben und ich bin ihm sehr dankbar, dass er mir diese Klettersensation zugänglich gemacht hat. Bei der ein oder anderen Seillänge hätte ich im Vorstieg mehr als nur meine gute mentale Verfassung gebraucht, um die erforderlichen Selbstsicherungen zu legen (dennoch durfte ich aus pädagogischen Gründen die kürzeste Seillänge der Tour vorsteigen!) Kurz vor Einbruch des Regens und mit deutlichem Vorsprung vor den folgenden Seilschaften erreichten wir den Ausstieg und machten uns über einen schönen Abstieg auf den Weg zurück zu Frau und Kind. TOP-Tour!

Ein paar Spaziergänge durch das sehr schöne Tal, (zu) viele leckere Kaffees und das alle Italiener einnehmende Strahlen von Malin rundenten diesen Kurzurlaub ab. Ein Kletter- (und Urlaubserlebnis) mit sechs von fünf Sternen.